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Baumaterialien und Techniken

Gerüste richtig wählen: Dein Leitfaden für sichere und effiziente Höhenarbeiten

Kirsten Weißbacher
Verfasst von Kirsten Weißbacher
Zuletzt aktualisiert: 08. September 2025
Lesedauer: 11 Minuten
© yevtony / istockphoto.com

Du siehst sie an Fassaden, auf Dächern, in Hallen, auf kleinen und großen Baustellen: Gerüste sind fast überall. Das hat einen einfachen Grund: Ohne sichere Arbeitsfläche geht vieles nicht – vom Streichen der Decke bis zur kompletten Fassadensanierung. Wenn du ein Gerüst kaufen willst, stehst du deshalb nicht vor der Frage ob, sondern vor der Frage welches zu deinem Vorhaben passt. In diesem Beitrag bekommst du eine klare, leicht verständliche Orientierung: Welche Gerüstarten es im Alltag braucht, worauf du beim Kauf achten solltest, wo typische Stolperfallen lauern und wie du die Sache wirtschaftlich und sicher angehst – ohne Fachchinesisch. 

Wofür du ein Gerüst überhaupt brauchst – und warum „irgendwas“ selten passt

Ein Gerüst ist keine XXLLeiter, sondern ein kleiner, stabiler Arbeitsplatz in der Höhe. Es trägt dich, dein Werkzeug und dein Material – und zwar so, dass du dich konzentriert bewegen kannst, ohne ständig umsteigen zu müssen.

Genau hier unterscheiden sich die Einsatzszenarien: Drinnen geht es oft um viele kurze Jobs in wechselnden Räumen, draußen an der Fassade eher um längere Abschnitte, auf dem Dach wiederum um Absturzsicherung. Wenn du das Einsatzbild im Kopf hast, fällt die Entscheidung schon viel leichter. 

Der schnelle Überblick: Welches Gerüst für welches Vorhaben? 

Es hilft, die drei typischen Situationen einmal in Ruhe durchzugehen – in ganzen Sätzen, damit du ein Gefühl dafür bekommst. 

Innen- und Wartungsarbeiten

Du willst Decken streichen, neue Spots setzen, Kabelkanäle montieren oder in der Halle Anlagen warten? Dann spielt ein Rollgerüst seine Stärken aus. Du baust es einmal auf, stellst die Plattformhöhe ein und schiebst das Teil dorthin, wo du gerade arbeitest. Das spart Zeit, weil du nicht alle drei Minuten die Leiter versetzen musst, und es schont den Rücken, weil du Werkzeug und Farbeimer in Griffweite auf der Plattform hast. Wichtig ist, dass der Boden eben und tragfähig ist. Draußen geht ein Rollgerüst auch, aber je höher du arbeitest, desto mehr brauchst du Ausleger oder Ballast – die Vorgaben des Herstellers sind hier die Leitplanken. 

Fassade und längere Projekte 

Sobald du eine komplette Hausseite bearbeitest, etwa beim Dämmen, Streichen oder Fenstertausch, kommst du am Fassadengerüst kaum vorbei. Dieses Gerüst steht feldweise entlang der Wand, ist verankert und bietet durchgehende Laufwege über mehrere Ebenen. Der große Vorteil ist Platz und Stabilität: Mehrere Leute können gleichzeitig arbeiten, Material lässt sich ordentlich ablegen, Treppentürme sorgen für bequemen Zugang. Der Aufbau ist aufwendiger als beim Rollgerüst, zahlt sich aber aus, sobald die Standzeit über ein paar Tage hinausgeht. 

Arbeiten auf dem Dach

Sobald die Absturzkante ins Spiel kommt – Dach neu eindecken, Dachfenster einsetzen, Photovoltaik montieren – geht es um Schutz. Ein Dachfanggerüst ist dafür gemacht: Es fängt Personen und Material ab und schützt neben dir auch Passanten, Einfahrten oder Gehwege darunter. Der Aufbau gehört in fachkundige Hände, und nach starkem Wind oder Gewitter kontrollierst du das System erneut. In Kombination mit einem Fassadengerüst entsteht so ein sicherer Bereich, in dem du dich konzentriert bewegen kannst. 

Materialwahl: Aluminium oder Stahl – was passt zu dir? 

Alu ist leicht, korrosionsarm und angenehm zu tragen. Das merkst du beim Auf- und Abbau sowie beim häufigen Umsetzen. Gerade bei Rollgerüsten ist Aluminium deshalb sehr beliebt. Stahl punktet dafür oft beim Preis und ist unempfindlich, wenn es rau zugeht.

Die Wahrheit ist: Beide Materialien sind gut. Entscheidend ist dein Einsatzprofil. Arbeitest du viel mobil und willst es in der Handhabung so angenehm wie möglich? Dann ist ein Alugerüst oft die richtige Wahl. Steht das Gerüst lange draußen, muss richtig was wegstecken und du willst zunächst günstiger einsteigen? Dann kann Stahl sinnvoll sein. Wichtig ist in jedem Fall die freigegebene Lastklasse: Das Gerüst muss zu dem passen, was du draufstellst – Menschen plus Material. 

Worauf du beim Gerüst kaufen konkret achten solltest 

Es gibt ein paar Punkte, die erfahrungsgemäß den Unterschied machen – für Sicherheit, Nerven und Geldbeutel. 

  • Systemtreue und Freigaben: Gerüste sind Baukastensysteme. Bauteile verschiedener Hersteller passen äußerlich manchmal zusammen, sind aber statisch nicht automatisch füreinander freigegeben. Mische nur, wenn es ausdrücklich erlaubt ist, wie beispielsweise mit der bauaufsichtlichen Zulassung vom Deutschen Institut für Bautechnik. Ansonsten bleibst du systemtreu – das ist sicherer und erspart Diskussionen, falls mal etwas passiert. 
  • Zugang und Ergonomie: Durchstiege sind kompakt, Treppentürme sind komfortabel. Wenn du oft hoch und runter musst oder Material transportierst, ist eine Treppe Gold wert. Deine Knie werden es dir danken – und du arbeitest produktiver. Darüber hinaus, sind Treppen immer zu bevorzugen, bei Einfamilienhäusern bis 10 m sind Durchstiege erlaubt. 
  • Rollen, Ausleger, Ballast: Beim Rollgerüst sind gute Lenkrollen mit zuverlässigen Bremsen Pflicht. Draußen oder in größeren Höhen gehören Ausleger und/oder Ballast ins Konzept. Das steht in der Aufbauanleitung – halte dich daran, dann bist du auf der sicheren Seite. 
  • Netze, Planen, Bordbretter: Bordbretter verhindern, dass Werkzeug herunterfällt. Netze und Planen schützen Umgebung und Fassade. Wenn der Gehweg direkt unter der Arbeitsstelle verläuft, sind solche Schutzmaßnahmen kein „nice to have“, sondern gelebte Verantwortung. 
  • Dokumente und Anleitungen: Seriöse Anbieter liefern dir eine nachvollziehbare Aufbau- und Verwendungsanleitung. Lies sie wirklich. Es dauert zehn Minuten und erspart Ärger. 

Häufige Fehler – und wie du sie vermeidest 

Viele Probleme entstehen, bevor überhaupt gearbeitet wird. Ein Klassiker ist das falsche Einsatzbild: Man kauft ein Rollgerüst, obwohl die Fassade über Wochen bearbeitet wird – das nervt alle Beteiligten. Umgekehrt wird für einen ZweiTageJob ein Fassadengerüst organisiert, obwohl mit einem Rollgerüst alles in einem Bruchteil der Zeit gegangen wäre. Der zweite Klassiker ist das Thema „Mischen“. Weil ein Teil gerade fehlt, nimmt man ein ähnliches aus einem anderen System.

Genau hier wird es heikel. Bleib konsequent und beschaffe fehlende Teile passend – das ist günstiger als jeder Unfall. Ein dritter Punkt ist die Unterschätzung des Untergrunds. Geh nicht davon aus, dass ein Rollgerüst auf jedem Pflaster gut steht. Prüfe die Fläche, gleiche Unebenheiten aus und blockiere die Rollen, bevor du aufsteigst.

Und noch etwas: Plane den Weg des Materials mit. Wer sich oben den Platz mit Eimern und Werkzeug zustellt, verliert Tempo und Überblick. Lieber eine Ebene als Ablage einplanen oder unten eine saubere Übergabestelle schaffen. 

Neu, gebraucht, mieten? So triffst du eine wirtschaftliche Entscheidung 

Wenn du nur selten ein Gerüst brauchst, ist Mieten gut. Du bekommst ein geprüftes System, gibst es nach dem Einsatz zurück und musst dich um Lagerung nicht kümmern. Wenn du regelmäßig rüstest – auch für kurze, spontane Einsätze – rechnet sich der Kauf schnell, weil du unabhängig von Terminen bist und sofort starten kannst. Gebrauchte Gerüste können sinnvoll sein, wenn der Zustand passt und du weißt, aus welchem System die Teile stammen.

Achte auf gerade Rahmen, leichtgängige Verriegelungen, intakte Gerüstbeläge und saubere Steckverbindungen. Ein schneller Dreisatz hilft bei der Entscheidung: Teile den Kaufpreis durch deine realistischen Einsätze und stelle das Ergebnis dem Mietpreis pro Einsatz gegenüber. Denke dabei an gesparte Wege und Wartezeiten – die sind in Summe oft größer als gedacht. 

Zubehör, das den Alltag leichter macht 

Es sind oft die kleinen Dinge, die einen Unterschied machen: Gummierte Lenkrollen schonen empfindliche Böden in Wohnräumen und Büros. Seitliche Ausleger geben einem Rollgerüst spürbar mehr Standbreite. Ein zusätzlicher Handlauf an der Treppe sorgt für ein gutes Gefühl – besonders, wenn Werkzeug getragen wird. Konsolen schaffen auf Fassadengerüsten Ablagefläche auf bequemer Arbeitshöhe. Und wenn du viel mit sperrigen Teilen arbeitest, kann ein schwenkbarer Ladearm oben am Gerüst eine echte Erleichterung sein. Überlege vor dem Kauf, was dich in deinem Alltag wirklich bremst – und löse genau das mit passendem Zubehör. 

Gerüste aus dem Ausland – Chancen nutzen, Risiken kennen 

Gute Gerüste gibt es nicht nur hierzulande. Trotzdem solltest du bei Importen genauer hinsehen. Wichtig ist, dass das System zu den hier geltenden Anforderungen passt und sich rechtssicher einsetzen lässt. Frage nach klaren Nachweisen: Welche Normen oder technischen Regeln erfüllt das Gerüst? Gibt es eine nachvollziehbare Aufbau- und Verwendungsanleitung in deutscher Sprache? Werden Tragfähigkeiten und zulässige Höhen transparent angegeben – und zwar so, dass du es prüfen kannst? Kläre außerdem die Systemkompatibilität. Nur weil die Maße ähnlich wirken, heißt das nicht, dass Bauteile wirklich zusammen freigegeben sind. Ohne eindeutige Freigabe mischst du besser nicht. Und ganz wichtig, hat das Gerüst eine bauaufsichtliche Zulassung! 

Ein weiterer Punkt ist die Versorgung mit Ersatzteilen. Ein günstiges Gerüst hilft dir wenig, wenn du beim ersten kaputten Gerüstteil drei Wochen auf Ersatz wartest. Prüfe, wo der Service sitzt, wie lange die Lieferzeiten sind und ob du typische Verschleißteile (Rollen, Verriegelungen, Beläge) schnell nachbekommst. Auch Gewährleistung und Rückgabe sind wichtig: Was passiert, wenn die Lieferung Transportschäden hat oder etwas nicht passt? Seriöse Anbieter machen dir diese Punkte transparent, bevor du bestellst. Kurzum: Ein Import kann sich lohnen – aber nur, wenn Nachweise, Service und Ersatzteilversorgung stimmen. 

Sicherheit ohne Drama – so bleibst du entspannt 

Sicherheit klingt schwer, ist es aber nicht, wenn du es pragmatisch angehst. Lies die Aufbauanleitung und halte dich an die dort genannten Grenzen. Sorge für kompletten Seitenschutz, also Geländer, Zwischenholm und Bordbrett. Blockiere beim Rollgerüst die Rollen, bevor du aufsteigst. Prüfe dein Gerüst kurz vor jeder Benutzung und nach Unwettern. Gestalte den Zugang so, dass niemand turnen muss. Und ganz wichtig: Räume auf. Ein ordentlicher Arbeitsplatz ist nicht nur schneller, sondern auch sicherer. 

MiniCheck vor dem Kauf (damit nichts vergessen wird) 

  • Was genau willst du tun – drinnen, draußen, an der Fassade, am Dach? 
  • Wie lange steht das Gerüst voraussichtlich? Stunden, Tage, Wochen? 
  • Wie viele Personen arbeiten gleichzeitig, und wie bewegen sie sich? 
  • Wie breit und lang sollten die Plattformen sein, damit du nicht dauernd umsetzen musst? 
  • Passt das Gerüst durch Türen und Flure, oder brauchst du eine andere Breite? 
  • Wie kommst du bequem rauf und runter – Leiter oder Treppe? 
  • Welche Sicherungen brauchst du: Ausleger, Ballast, Netze, Planen, Bordbretter? 
  • Gibt es verlässlichen Service und Ersatzteile – heute und in zwei Jahren? 
  • Wenn du diese Fragen ehrlich beantwortest, weißt du ziemlich genau, für welchen Anbieter du dich entscheiden kannst. 


Fazit – lieber einmal ordentlich entscheiden als zweimal kaufen 

Gerüste sind überall, weil sie Arbeit einfacher, schneller und sicherer machen. Wenn du ein Gerüst kaufen willst, starte immer beim Einsatzbild. Bleib systemtreu, achte auf Nachweise und denke an Zubehör, das dir die Arbeit wirklich erleichtert. Prüfe bei Importen aus dem Ausland Zulassungen, Normen, Service und Ersatzteile – dann bist du auf der sicheren Seite.  

FAQ zum Thema das passende Gerüst finden

Wofür brauche ich überhaupt ein Gerüst?

Ein Gerüst dient als sichere Arbeitsfläche in der Höhe. Es trägt dich, dein Werkzeug und dein Material und ermöglicht konzentriertes Arbeiten ohne ständiges Umsteigen. Je nach Einsatz – innen, an der Fassade oder auf dem Dach – gibt es unterschiedliche Gerüstlösungen.

Welche Gerüstarten gibt es und wofür eignen sie sich?

  • Rollgerüst: Ideal für Innenräume oder kurze Wartungsarbeiten, flexibel verschiebbar.
  • Fassadengerüst: Perfekt für längere Projekte an Hauswänden, stabil und mit viel Arbeitsfläche.
  • Dachfanggerüst: Speziell für Arbeiten am Dach, bietet Absturzsicherung für Personen und Material.

Aluminium oder Stahl – welches Material ist besser?

Aluminium ist leicht, rostfrei und einfach zu handhaben – optimal für mobile Einsätze. Stahl ist robuster, oft günstiger und eignet sich gut für lange Standzeiten oder raue Bedingungen. Entscheidend ist dein Einsatzprofil.

Worauf sollte ich beim Kauf eines Gerüstes achten?

  • Systemtreue (keine Mischungen ohne Zulassung)
  • Sichere Zugänge (Durchstieg oder Treppenturm)
  • Stabile Rollen, Ausleger oder Ballast beim Rollgerüst
  • Schutzmaßnahmen wie Bordbretter, Netze oder Planen
  • Klare Aufbau- und Verwendungsanleitung vom Hersteller

Welche Fehler passieren häufig beim Einsatz von Gerüsten?

  • Falsches Gerüst für den Einsatzzweck gewählt
  • Bauteile verschiedener Systeme gemischt
  • Untergrund nicht geprüft oder Rollen nicht blockiert
  • Fehlende Materialplanung – zu wenig Ablagefläche oder kein klarer Transportweg

Über unsere*n Autor*in
Kirsten Weißbacher
Kirsten hat Germanistik in Hamburg studiert und im Anschluss ein Volontariat gemacht. Nach ihrem Start in der Unternehmenskommunikation eines lokalen Herstellers wechselte sie in die freiberufliche Tätigkeit. Seit Februar 2024 ist Kirsten bei Digitale Seiten und schreibt dort Ratgeber zu Handwerksthemen aller Art.