Barrierefreier Bau gewinnt beginnend beim Städtebau, über den öffentlichen Verkehrsraum, bis hin zum Bau vom Eigenheim zunehmend an Bedeutung. Etwa 10 Prozent der Bevölkerung sind auf Barrierefreiheit angewiesen, während 30 bis 40 Prozent diese als grundlegende Hilfe im Alltag benötigen. Um barrierefreies Wohnen zu ermöglichen, müssen Badezimmer beispielsweise über bodengleiche Duschen verfügen. Zudem muss die Einrichtung Komfort bieten und optisch dennoch ansprechend wirken.
Was bedeutet barrierefreies Bauen?
Als barrierefrei gilt eine bauliche Anlage immer dann, wenn sie von Personen mit einer Behinderung ohne besondere Anstrengung oder Hilfe von Dritten nutzbar und zugänglich ist. Ein barrierefreies Haus gewährleistet somit jedem Menschen das Wohnen ohne jegliche Einschränkungen.
Bereits bei der Planung werden sowohl die Bedürfnisse junger und alter Menschen als auch die Ansprüche von Personen mit motorischen, sensorischen oder kognitiven Behinderungen beachtet.
Anders als oftmals vermutet, geht es bei barrierefreien Bauten nicht ausschließlich um breite Türen und Rampen, die Rollstuhlfahrern den Zugang ermöglichen. Eine bodengleiche Dusche für Gehbehinderungen, der Einbau eines Waschtischs, kontrastreiche Bedienelemente für Sehschädigungen und Akustikwände für Gehörschwächen sind nur ein paar der Vorkehrungen, die ein Bauwerk barrierefrei gestalten.
Für wen eignet sich barrierefreies Bauen?
Barrierefrei Bauen betrifft nicht nur Personen, die bereits mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen leben. Beim Bau eines jeden Eigenheims sollte auf Barrierefreiheit geachtet werden, um den normalen Lebensablauf von Menschen zu berücksichtigen und das Bewohnen der baulichen Anlage auch im Alter gewährleisten zu können.
Barrierefreies Bauen kann jedoch nicht allein auf ein fortgeschrittenes Alter oder eine Behinderung beschränkt werden. Die Thematik betrifft eine Vielzahl von Personengruppen:
- Personen mit Seh- und Hörbehinderungen
- Groß- oder kleinwüchsige Menschen
- Personen mit kognitiven Behinderungen
- Menschen mit Gepäck oder Kinderwagen
- Ältere Menschen Kinder Menschen, die auf Mobilitätshilfen angewiesen sind
Was ist die DIN 18040?
Wer sich bereits mit der Thematik „Barrierefreiheit im Wohnbereich“ beschäftigt hat, ist vermutlich auf einige verschiedene Bezeichnungen gestoßen. „Barrierefrei“, „altersgerecht“, „barrierearm“ – all diese Begriffe meinen etwas anderes. Eine rechtlich bindende Definition zur Einordnung der verschiedenen Betitelungen gibt es nicht. Eine altersgerechte Wohnung muss zudem nicht unbedingt barrierefrei sein.
Gemäß der DIN 18040 kann jedoch entschieden werden, ob ein Bauwerk barrierefrei ist. Diese Norm bezieht sich auf den Artikel 3 des Grundgesetzes, welcher besagt: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Die DIN 18040 zielt darauf ab, folgende Menschenrechte und Grundfreiheiten zu sichern:
- Teilnahme am kulturellen, politischen und öffentlichen Leben
- Arbeit und Beschäftigung
- Rehabilitation und Gesundheitsvorsorge
- Barrierefreiheit, persönliche Mobilität und unabhängige Lebensführung
- Achtung der Privatsphäre
Dabei legt der Teil 1 – die DIN 18040-1 – beispielsweise die Normen für öffentliche Toiletten in allgemein zugänglichen Gebäuden fest. Der Teil 2, also die DIN 18040-2, regelt die Maßnahmen für Wohnungen und der Teil 3, die DIN 18040-3, legt die Normen für den öffentlichen Verkehrs- und Freiraum fest.
Die DIN 18040 listet eine Vielzahl an Maßnahmen auf, die bauliche Werke als barrierefrei gelten lassen. Auch wenn ein Projekt nicht jede Vorgabe erfüllen kann, lohnt es sich für Bauherren, dass sie sich mit den Vorgaben beschäftigen, denn viele Maßnahmen sind einfach und günstig umzusetzen. Die Erfüllung von Normen ist oftmals die Bedingung für eine finanzielle Förderung – sind keine vorgegebenen Maßnahmen umgesetzt, entfällt auch der finanzielle Zuschuss.
Barrierefreies Bad
Neben dem Zugang, den Treppen, den Aufzügen, den Türen, den Fenstern und der Küche spielt auch ein barrierefreies Bad eine große Rolle.
Der Zugang zum Bad sollte nicht nur ohne Schwelle und breiter als herkömmliche Türen sein, sondern auch nach außen geöffnet und von außen entriegelt werden können. Dies gewährleistet den Zutritt auch dann, wenn ein Bewohner stürzt und die Tür blockiert.
Im Bad sollten die Wände mit Haltegriffen und Lichtschaltern ausgestattet sein. Unumgänglich sind Halterungen neben dem WC, der Dusche, der Badewanne und dem Waschtisch. Diese sollten ausreichend Halt bieten und sich visuell von der Umgebung abheben.
Armaturen sind bestenfalls ergonomisch geformt und haben eine verlängerte Hebellänge . Um im Bad vor Verbrühung zu schützen, eignen sich beispielsweise Thermostatarmaturen, die das Wasser nach Bedienen des Hebels in der entsprechenden Wunschtemperatur fließen lassen. Möchte der Bewohner die Temperatur ändern, muss gezielt ein Entsicherungsknopf betätigt werden. Diese Art von Armaturen bietet sowohl Sicherheit als auch Komfort, da das manuelle Regulieren der Temperatur entfällt.
Der Boden des gesamten Bads sollte einen entsprechenden Belag haben, der auch in nassem oder feuchtem Zustand kein Rutschen zulässt. Ein barrierefreies Bad hilft besonders behinderten Menschen mit eingeschränkter Beweglichkeit, die tägliche Körperpflege leichter zu meistern.
Barrierefreie Dusche
Zur Standardeinrichtung eines barrierefreien Bads gehört auch eine barrierefreie Dusche auf Bodenniveau, die auch „bodengleiche Dusche“ oder „Walk-In-Dusche“ genannt wird. Bodengleiche Duschen sollten mit einer Anti-Rutsch-Beschichtung, einem Sitz und mindestens einem Haltegriff ausgestattet sein. Im besten Fall ist das Badezimmer so konzipiert, dass Rollstuhlfahrer direkt in die barrierefreie Dusche hineinfahren und duschen können.
Ist das Bad bereits ausgestattet und soll barrierefrei umgebaut werden, gibt es mehrere Möglichkeiten. Die vorhandene Badewanne wird zu einer ebenerdigen Dusche umgebaut oder die klassische Duschkabine wird der Höhe des Bodens angeglichen und als bodengleiche Duschwanne umgebaut. Die Option eine komplett neue, bodengleiche Dusche einzubauen, besteht ebenfalls. Dieser Neubau gestaltet sich jedoch oftmals herausfordernder als ein Umbau, da vorab keine Wasserleitungen an der gewünschten Stelle installiert sind.
In allen Fällen müssen folgende Aspekte beachtet werden:
- Die Aufbauhöhe des Bodens genügt, um den Ablauf zu gewährleisten
- Ein Kalt- und Warmwasseranschluss wird benötigt
- Eine Abflussleitung ist verfügbar
Barrierefreies WC
Neben einer Dusche auf Bodenniveau gehört zu einem barrierefreien Bad auch ein barrierefreies WC. Beim Bau einer entsprechenden Toilette ist es von Vorteil, die benötigte Fläche um das WC, die Höhe und weitere Anforderungen individuell abzustimmen. Ein barrierefreies WC, das hingegen für jede Person ohne Einschränkungen nutzbar sein soll, muss auf beiden Seiten ausreichend Platz aufweisen. Zudem sollte das WC nicht individuell angepasst, sondern höhenverstellbar sein, da Rollstühle unterschiedliche Sitzhöhen haben, die bis zu zehn Zentimetern variieren können.
Im Bereich um das WC sollte ein sogenannter „Stützklappgriff“ angebracht sein. Das Betätigen der Spülung muss im Greifbereich des Arms sein, sodass der Bewohner die Sitzposition nicht verändern muss.
Kosten für barrierefreies Bauen
Wie teuer ein barrierefreies Bauwerk ist, hängt von den eigenen Anforderungen ab. Wird beispielsweise die Höhe des WCs auf den künftigen Bewohner angepasst, ist das womöglich weniger kostenintensiv als ein höhenverstellbares WC einzubauen. Auch die Immobilie entscheidet über die Kosten – eine verwinkelte Dachgeschosswohnung erfordert demnach mehr Aufwand als ein breiter, bodengleicher Bungalow. Auch die Anzahl der Räume, die umgebaut werden sollen, ist entscheidend.
Grundsätzlich lässt sich jedoch sagen, dass ein barrierefreier Neubau deutlich günstiger ist als ein Umbau. Laut einer Studie des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB) und Terragon aus dem Jahr 2017, kann Barrierefreiheit mit dem notwendigen Know-How in Neubauten mit Mehrkosten von nur 0,54-1,26 Prozent der reinen Baukosten realisiert werden.
Einen Richtwert für die Kosten eines altersgerechten Umbaus liefert eine Studie, die 2014 für die KfW-Bankengruppe von der Prognos AG erstellt wurde. Diese ergab, dass sich die Kosten für einen Umbau pro Wohnung auf durchschnittlich 19.100 Euro beliefen. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine vollkommene Barrierefreiheit, sondern ausschließlich um einen altersgerechten Umbau.
Finanzielle Förderung von barrierefreiem Bauen
Egal, ob Sie sich für den Umbau oder einen barrierefreien Neubau entscheiden, die öffentliche Hand fördert durch Kredite und Zuschüsse unterschiedlichste Projekte.
Die KfW-Bank bietet beispielsweise ein Förderprogramm für altersgerechtes Wohnen. Neben der KfW-Förderung unterstützen die jeweiligen Bundesländer mit Darlehensprogrammen oder gezielter Förderung von Projekten. Auch Krankenkassen, Pflegeversicherungen und Stiftungen bieten oftmals Zuschüsse.
Die verschiedenen Voraussetzungen für eine Förderungen und deren Beantragung hängen vom Anbieter ab, weshalb Sie vorab eine Wohnberatung in Anspruch nehmen und Informationen über die Fördermittel in Ihrem Bundesland sammeln sollten. Hierfür eignen sich zum Beispiel Wohnberatungen von Vereinen – zum Beispiel vom „Barrierefrei Leben e.V.“.
Barrierefrei planen
Bevor der Bau einer barrierefreien Immobilie beginnen kann, muss dieser gut durchdacht werden. Von der Finanzierung, über die Auswahl der Maßnahmen, bis zu dem Mehrbedarf an Platz müssen einige Aspekte festgelegt werden.
Ein offener Wohngrundriss gilt heutzutage als modern und kommt dementsprechend häufig bei Neubauten vor. Aus diesem Grund ist die Fläche, die für die Barrierefreiheit zusätzlich benötigt wird, meist nicht allzu groß. Experten sprechen von etwa 5 Prozent Mehrbedarf an Fläche für die barrierefreie Variante.
Es ist essentiell, nicht nur an den aktuellen Bedarf an Barrierefreiheit zu decken, sondern langfristig zu planen. Zu der Grundausstattung eines barrierefreien Hauses oder einer barrierefreien Wohnung gehören breitere Türen und Flure sowie behindertengerechte Bedienelemente, die auch von Personen mit körperlichen Einschränkungen erreicht werden können sowie ein barrierefreies Bad. Der Einbau von Vorkehrungen wie einem Aufzug oder einem Lift kann auch nachträglich erfolgen. Dennoch sollten auch solche Eventualitäten bei der Bauplanung bedacht und entsprechende Maßnahmen – wie beispielsweise ein Schacht für einen künftigen Aufzug – eingeplant werden.
Checkliste zur Barrierefreiheit
Um Ihre Planung hinsichtlich der Barrierefreiheit oder den Grad der Erfüllung der Faktoren Ihrer bereits bestehende Immobilie einschätzen zu können, zeigt folgende Checkliste einige relevante Anforderungen für jeden Raum – vom Bad bis zur Küche:
