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Baumängel

Baumangel oder Bauschaden: Was ist der Unterschied?

Judith Müller
Verfasst von Judith Müller
Zuletzt aktualisiert: 01. April 2022
Lesedauer: 8 Minuten
© Cunaplus_M.Faba / istockphoto.com

Dass ein Neubau völlig reibungslos über die Bühne geht, ist leider Wunschdenken. Nach einer Studie des Bauherren-Schutzbund e.V. tauchen pro Hausbau im Durchschnitt 29 Baumängel auf (Stand: November 2019). Häuslebauer sollten daher besonders aufmerksam sein, denn aus einem unspektakulären Fehler der Baufirma kann sich ein gravierender Baumangel und in der Folge ein kostenintensiver Schaden entwickeln.

Alles auf einen Blick:

  • Ein Baumangel entsteht durch eine fehlerhafte oder vertraglich nicht beschlossene Leistung eines Handwerkers.
  • Ein Bauschaden dagegen folgt auf einen Baumangel. Das bedeutet im Umkehrschluss: Ohne den vorangegangenen Mangel als Ursache wäre es nicht zu einem Schaden am Bauwerk gekommen.
  • Zu den häufigsten Mängeln gehören unzureichende Abdichtungen im Keller und am Dach, Wärmebrücken und fehlerhafte Dehnungsfugen.
  • Die häufigsten Schäden, die daraus resultieren, sind feuchte Innenwände, Schimmelbildung und Risse im Mauerwerk und Putz.
  • Baufirmen und Handwerker müssen ihre fehlerhafte Arbeit korrigieren. Nur in seltenen Fällen können sie die Mangelbeseitigung ablehnen. Dann steht dem Auftraggeber jedoch eine Minderung der Kosten zu.

Baumangel vs. Bauschaden: Der Unterschied

Kurz und knapp gesagt, ist ein Baumangel eine fehlerhafte Ausführung beim Bau oder bei der Sanierung eines Gebäudes. Ein Bauschaden ist die Folge eines schädigenden Ereignisses, entsteht also nur, weil es vorab zu einem baulichen Mangel gekommen ist.

Was sind Baumängel?

Ein Baumangel bezeichnet einen Sachmangel speziell im Zusammenhang mit Bauverträgen. Ein solcher Mangel liegt dann vor, wenn der Ist-Zustand eines Bauwerks aus bautechnischer Sicht nicht dem Soll-Zustand entspricht.

Konkrete Angaben machen dazu das Bürgerliche Gesetzbuch (§633 Abs. 2 S. 1 BGB) und die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (§13 Nr. 1 S. 2 VOB/B). Demnach handelt es sich um einen baulichen Mangel, wenn:

  • der bauliche Zustand eines Gebäudes nicht dem Zustand entspricht, den ein Bauunternehmen oder ein Handwerker dem Auftraggeber vertraglich zugesichert haben.
  • eine geltende Richtlinie der Bautechnik nicht eingehalten wurde.
  • eine Leistung des Bauunternehmens oder Handwerkers vertraglich nicht abgemacht war.
  • ein baulicher Fehler vorliegt, durch den das Bauwerk an Wert verliert.
  • ein baulicher Fehler vorliegt, durch den sich das Bauwerk nicht für die geplante Verwendung eignet.

Ein baulicher Mangel, kann, muss aber nicht zu einem Bauschaden führen. Zum Beispiel können fehlerhafte oder nicht vorhandene Dehnungsfugen die Ursache für Spannungsrisse im Fundament oder Mauerwerk sein. Dann hat die mangelhafte Leistung der Baufirma einen Schaden verursacht. Entsprechen dagegen Türen oder Fenster nicht den vertraglich vereinbarten Maßen, liegt zwar ebenfalls eine mangelhafte Leistung der Baufirma vor. Mit einem daraus resultierenden Schaden ist jedoch nicht zu rechnen. Der Bauherr hat dennoch nicht das bekommen, was er bestellt hat.

Mangelhaftes Material
Eine mangelhafte Bauleistung liegt übrigens auch vor, wenn das Bauunternehmen Materialien von ungenügender Qualität verwendet hat.
 

Was sind Bauschäden?

Ein Bauschaden verschlechtert den derzeitigen Zustand eines Bauwerks. Er entsteht durch ein schädigendes Ereignis. Das kann ein Baumangel sein, der durch eine fehlerhafte Bauleistung entstanden ist. Es kommen aber auch andere Ursachen infrage, wie ein Wasserrohrbruch. Bauschäden verändern ein Gebäude dahingehend, dass seine Optik, seine Funktion oder seine Gebrauchsfähigkeit beeinträchtigt wird. Liegt ein gravierender, baulicher Mangel vor, folgen die Schäden in der Regel sehr schnell.

Zwangsläufig kommt es auch zu einer Minderung des Marktwertes der Immobilie, da die Behebung des Schadens und seiner Ursache meist mit hohen Kosten verbunden ist. Beispielsweise führt eine fehlerhafte Abdichtung gegen Nässe schnell zu feuchten Wänden. Schimmelbildung ist dann nur eine Frage der Zeit. Unter idealen Bedingungen kann sich ein Schimmelpilz innerhalb eines Tages um mehrere Zentimeter vergrößern. Bereits ab einer Fläche von einem halben Quadratmeter gilt Schimmel als gesundheitlich problematisch. Auf den Eigentümer kommt dadurch finanziell eine doppelte Belastung zu. Denn er muss nicht nur der Schaden reparieren, sondern auch die Ursache beseitigen lassen.

Stellen Bauherren während der Bauphase oder bei der Abnahme Mängel fest, sollten sie diese nicht auf die leichte Schulter nehmen, denn es können kostenintensive Bauschäden folgen.

BGH-Urteil: Baumängel im Altbau
Altbauten entsprechen sehr oft nicht den baulichen Anforderungen, die ein Neubau heutzutage zu erfüllen hat. Bewohner solcher alten Wohnungen müssen sich zum Beispiel häufig mit fehlendem Trittschallschutz, Wärmebrücken im Bereich der Fenster, feuchten Kellerräumen oder schiefen Wänden arrangieren. Was heute als mangelhafte Bauleistung gelten würde, entsprach damals bei der Errichtung des Gebäudes jedoch meist den geltenden Bauvorschriften. Daher liegt nach dem Verständnis des Bundesgerichtshofs auch nicht automatisch ein Mangel vor, der eine Mietminderung rechtfertigen würde. (AZ. VII ZR 271/17 und VII ZR 67/18 vom 5.12.2018)
 

Pfusch am Bau: Die häufigsten Fehler

Es gibt Arbeiten bei Neubauten und Sanierungen, bei denen es verhältnismäßig oft zu Fehlern kommt. Häufig davon betroffen sind zum Beispiel Bauteile, die den Keller, den Dachboden oder die Fassade gegen eindringende Feuchtigkeit schützen sollen.

Was sind typische Baumängel?

  • Fehlerhafte Abdichtungen (Keller, Dach, Fenster, Balkone)
  • Fehlerhafte Wärmedämmung
  • Wärmebrücken
  • Unzureichender Schallschutz und Schallbrücken
  • Undichte Dampfsperre
  • Rissige oder gespaltene Holzbalken
  • Schiefe Wände
  • Fehlerhafte Dehnungsfugen
  • Fehlerhafte Hinterlüftung der Fassade
  • Fehlerhafte Lüftungsanlagen
  • Falsch verlegter Estrich
  • Falsch installierte Haustechnik
  • Klemmende Türen und Fenster
  • Unebene Bodenbeläge
  • Undichte Fußbodenheizung
  • Undichte Wasserrohre

Was sind typische Bauschäden?

  • Feuchte Wände und Innenräume
  • Schimmelbildung
  • Pilzbefallene Holzbauteile
  • Risse in Fugen (auch Silikonfugen)
  • Hohlräume unter Fliesen
  • Abplatzender Putz
  • Risse im Mauerwerk
  • Algenbildung an der Fassade

Beweislast, Haftung und Ansprüche

Bauherren sollten nicht verzweifeln, wenn sie Mängel an ihrem Neubau entdecken. In den meisten Fällen haben sie nicht mehr Pech als andere, sondern erleben die normalen Höhen und Tiefen eines Neubaus. Denn im Durchschnitt tauchen pro Hausbau 29 Baumängel auf (Studie des Bauherren-Schutzbund e.V. vom November 2019).

Wer muss einen Baumangel beweisen?

Eine mangelhafte Leistung durch eine Baufirma ist schnell eine teure Angelegenheit, die regelmäßig im Streitfall endet. Verständlicherweise will niemand daran schuld sein und die Kosten für die Beseitigung tragen. Die zentrale Frage ist nun: Muss der Handwerker seine Unschuld oder der Bauherr dessen Schuld beweisen?

Entscheidend ist der Zeitpunkt, wann der Mangel festgestellt wird. Bis zur Abnahme muss der Handwerker beziehungsweise das beauftragte Unternehmen beweisen, dass seine Leistungen frei von Mängeln sind. Nach der Abnahme muss der Bauherr beweisen, dass ein Baumangel vorliegt und der Handwerker dafür die Verantwortung trägt.

ACHTUNG!
Die Bauabnahme ist eine gemeinsame Begehung des Neubaus. Hierbei überprüft der Auftraggeber, ob die Baufirma oder der Handwerker auch wirklich die Leistung erbracht hat, die vertraglich vereinbart war. Entdeckt der Auftraggeber hierbei Mängel, muss er diese dokumentieren und seinem Ansprechpartner, also dem Architekten oder der Baufirma, melden.
 

Wer haftet bei Mängeln und Schäden?

Generell hat der Bauherr einen Anspruch darauf, dass der Handwerker oder das Bauunternehmen den verschuldeten Mangel beseitigt. Wichtig ist in einem solchen Fall, dass der Auftraggeber dem Unternehmen überhaupt die Gelegenheit zur Mängelbeseitigung gibt. Das bedeutet, der Bauherr muss das Unternehmen über den Mangel informieren und ausreichend Zeit für die Beseitigung einräumen.

Das beauftragte Unternehmen darf die Mangelbeseitigung nur dann ablehnen, wenn sie unmöglich, unzumutbar oder der Aufwand unverhältnismäßig hoch ist. In diesem Fall hat der Häuslebauer das Recht auf eine Minderung des Preises.

TIPP:
Ob der Aufwand der Mängelbeseitigung noch verhältnismäßig ist oder nicht, ist Auslegungssache und dürfte von beiden Parteien unterschiedlich bewertet werden. Das Bauunternehmen darf sich jedoch nicht auf Unverhältnismäßigkeit berufen, wenn der Mangel aufgrund grober Fahrlässigkeit oder unter Vorsatz entstanden ist. Das Argument „Unverhältnismäßigkeit“ ist ebenfalls ausgeschlossen, wenn durch den Mangel eine zugesicherte Eigenschaft nicht erfüllt wird oder die vorgesehene Nutzung nicht möglich ist.
 

Übrigens: Eine Baufirma ist nach der Bauabnahme noch lange nicht aus dem Schneider. Denn nach der Abnahme beginnt die Gewährleistungsfrist. Diese dauert in der Regel fünf Jahre. Tauchen in diesem Zeitraum bauliche Mängel auf, muss die Baufirma dafür gerade stehen. Allerdings liegt die Beweislast ab der Bauabnahme beim Bauherrn. Dafür wendet er sich am besten an einen Bausachverständigen.

Fazit

Ein Baumangel entsteht durch eine fehlerhafte oder nicht vereinbarte Leistung eines Handwerkers oder Bauunternehmens oder durch bauliche Abweichungen von allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik. Ein Bauschaden resultiert aus einem solchen Mangel. Dringt beispielsweise aufgrund einer undichten Dampfsperre Feuchtigkeit in Ihr Dach ein und verursacht so Schimmel, dann ist das undichte Dach ein Baumangel, der entstandene Schimmelpilz ein Bauschaden.

Entdecken Bauherren Mängel während der Neubauphase oder später bei der Abnahme, sollten sie diese sofort dokumentieren und ihrer Baufirma oder ihrem Architekten melden. Denn aus einem, für Laien scheinbar harmlosen Mangel kann sich im ungünstigsten Fall ein teurer Schaden entwickeln. In der Regel muss die verantwortliche Baufirma ihren Fehler beseitigen. Ist eine Mangelbeseitigung nicht möglich, steht dem Hausbauer zumindest eine Minderung der Kosten zu.

Über unsere*n Autor*in
Judith Müller
Judith studierte Technikjournalismus und Technik-PR. Während ihres Studiums lernte sie beim Radio, bei der Zeitung und in der Kommunikationsabteilung eines Automobilzulieferers. Im Anschluss volontierte sie beim Immobilienportal Immowelt und schrieb dort unter anderem auch für den Hausbau-Ratgeber bauen.de.